Funktion meines 4-Takt-GKM: Die beiden Kolben laufen jeweils in hydraulisch unabhängig voneinander verschiebbaren Zylinderbüchsen: 1. Takt = Arbeitstakt, die beiden Schiebebüchsen sind verschlossen; das heiße Gas wird expandiert und leistet Arbeit 2. Takt = Auspufftakt, die rechte Schiebebüchse öffnet den Ringschlitz zum Auslasskanal; das heiße Abgas wird ausgeschoben 3. Takt = Ansaugtakt, die rechte Schiebebüchse wird wieder geschlossen, die linke Schiebebüchse öffnet den Ansaugkanal; frisches Gas wird angesaugt und füllt den Zylinder 4. Takt = Verdichtungstakt, auch die linke Schiebebüchsen wird wieder geschlossen, das frische Gas wird komprimiert und danach im oberen Totpunkt gezündet
Ansicht des Gegenkolbenmotors
GKM, montiert auf Prüfstand
GKM, Blick auf geöffneten Rädertrieb
Gegenkolbenmotoren
blicken auf eine weit über hundertjährige Geschichte zurück. Sie wurden als
Otto- und Dieselmotoren produziert. Mit ihrer hohen Effizienz und guten
spezifischen Leistungen eröffnen sie ein breites Anwendungsspektrum. Sie wurden
wegen ihres exzellenten Verhältnisses Leistung/Gewicht schon vor 75 Jahren
serienmäßig in Flugzeuge eingebaut und erreichten bereits damals einen
Wirkungsgrad von über 40%.
In den letzten Jahrzehnten schienen diese Motoren
wieder vergessen, weil Forschung und Entwicklung sich überwiegend auf die
Verbesserung der motorischen Abgase konzentrierte. Bei konventionellen
Gegenkolbenmotoren jedoch ist die Kontrolle der Emissionen schwierig – wie bei
allen ventillosen Zweitaktern, u.a. auch deshalb, weil die Kolbenringe das
Schmieröl in die Ein- und Auslasskanäle hinein abstreifen.
Neuere
Entwicklungen (EcoMotors, Achates Power, Pinnacle Engines, etc.) zeigen jedoch,
dass Gegenkolbenmotoren noch nicht abgeschrieben sind und das Potenzial dieser
Technologie für künftige Antriebe keineswegs ausgereizt ist. Ein
Downsizing-Potenzial besteht durch den Wegfall des Zylinderkopfes und auch
dadurch, dass sich zwei Kolben einen Zylinder, einen Brennraum und eine
Einspritzdüse teilen. Massenausgleichswellen können ebenfalls entfallen,
unabhängig von der Anzahl der Zylinder. Dieser Vorteil bleibt auch prinzipiell
noch erhalten, trotz Schmälerung durch einen mehr oder weniger großen Aufwand
zur Synchronisierung der Kolbenbewegungen mittels Räder- oder Stangengetriebe.
Besonders
reizvoll sind Gegenkolbenmotoren indes in thermodynamischer Hinsicht, da ihr
Brennraum ein unschlagbar vorteilhaftes Volumen/Oberfläche-Verhältnis aufweist,
was zu geringeren thermischen Verlusten beiträgt. Das ermöglicht ein weiteres
Downsizing, das bei herkömmlichen kleinen Dieselmotoren durch eben diese
Wärmeverluste begrenzt ist.
Aber
auch die meisten neuen Gegenkolbenmotoren sind Zweitakter, d.h. der Gaswechsel wird
immer noch durch die Kolben selbst gesteuert, indem diese Ein- und
Auslass-Öffnungen überdecken müssen, um Füllung und Entleerung des Zylinders zu
ermöglichen. In dem hier beschriebenen Viertakt-Gegenkolben-Dieselmotor laufen
die Kolben in unterbrechungsfreien, im Zylinder längs verschiebbaren
Zylinderbüchsen, welche wie konventionelle Ventile die Gaswege öffnen und
schließen und daher beliebige Steuerzeiten unabhängig von der Kolbenstellung
erlauben. Dadurch müssen die Kolbenringe nicht über Steuerschlitze bewegt
werden. Diese Steuerung erlaubt daher neben dem Zweitaktverfahren auch ein
Viertaktverfahren, welches die Vorteile von Gegenkolbenmotoren mit denen der
konventionellen kombiniert. Alle bekannten Mittel zur Minderung von Emissionen,
Ölverbrauchs, Geräusch, usw. können hier in gleicher Weise wie bei klassischen
Viertaktmotoren angewandt werden.
Da
der Antrieb der Schiebebüchsen hydraulisch erfolgt, ist es einfach, eine
variable Ventilsteuerung darzustellen, oder – bei mehrzylindrigen Motoren –
einzelne Zylinder auch ganz abzuschalten. Das Motorschmieröl ist gleichzeitig
auch Hydraulikmedium, so dass nur ein Ölkreislauf erforderlich ist und so die
Motorkonstruktion nicht unnötig kompliziert wird. Die hier beschriebene
Gaswechselsteuerung ist nicht auf eine Phasenverschiebung der Kolben angewiesen
und ermöglicht deshalb einen 100%-Massenausgleich. Zahlreiche Prototypen-Tests
erwiesen die einwandfreie Funktion der Schiebebüchsen und es wurden sehr
geringe Reibverluste für den Antrieb dieser Gaswechselsteuerung gemessen, da
die Büchsen unter hohem Gasdruck nicht bewegt werden müssen. Die Wandstärken
der Schiebebüchsen können wegen der stützenden Zylinderwände – ähnlich wie bei
trockenen Laufbüchsen – relativ dünn ausgeführt sein, wodurch die
oszillierenden Massen gering gehalten werden. Der Gaswechsel, d.h. der
Übertritt der Gase in und aus dem Zylinder über die Ein- und Auslasskanäle
findet im Bereich des oberen Kolbentotpunktes statt, indem das obere,
ventilartig ausgeführte Ende der Schiebebüchsen Ringkanäle öffnet und schließt.
Da diese Ringkanäle keine Stege aufweisen, ergeben sich schon bei geringem
Büchsenhub optimale Steuer-Querschnitte, die wesentlich größer sind als bei
herkömmlicher Vielventiltechnik. Bei dieser Konstruktion gibt es auch keine
ausgesprochenen Einlass- oder Auslasskolben, weil hier die
thermische Belastung – im Gegensatz zu üblichen Gegenkolbenmotoren – fast
gleichmäßig verteilt ist.
Die hier vorgestellte Technologie bietet zudem zwei
unterschiedliche Methoden von Mischvorgang und Verbrennung: Einspritzung vom
äußeren Brennraumrand in Richtung der Brennraummitte (von kalt nach heiß), oder
Einspritzung vom Brennraumzentrum in Richtung der Brennraumwände (von heiß nach
kalt). Die erste Methode benötigt eine oder mehrere Düsen, die um den Zylinder
herum angeordnet sind und neue Möglichkeiten der Gemischbildung eröffnet, z.B. unterschiedliche
Einspritzzeiten und -mengen an unterschiedlichen Stellen des Brennraumes. Die
zweite Methode bewahrt im Prinzip die gesamte klassische Einspritz- und
Brennraumgeometrie, jedoch um 90° gedreht, so dass nun die seitliche
Zylinderwand als virtueller Zylinderkopf dient, wiederum mit dem Vorteil, dass
für zwei Kolben nur eine Düse benötigt wird. Da diese Verhältnisse der
Gemischbildung bereits hochentwickelt und in heutigen Serienmotoren schon
langerprobt sind, kann mit dieser Ausführung bei Motor-Neukonstruktionen Zeit
und Entwicklungsaufwand eingespart werden.